Panoramafoto Le Portalet - Ausblick vom Hüttengrat der Cabane d' Orny | © DAV Karlsruhe

Die Hochtourenecke unterwegs im Wallis

1. bis 4. August

17.10.2025

Währends des süddeutschen Hochsommers sehnte sich die Hochtourenecke nach Abkühlung - und begab sich die auf eine ereignisreiche Ausfahrt ins Wallis: vier Tage voller anspruchsvollen Touren, einer Menge Schnee und grandiosen Ausblicken.

Am 1. August machten sich 24 Teilnehmer*innen und Trainer*innen auf den Weg nach Champex bei Orsièrses im Wallis. Für den ersten Tag stand neben der Anreise der Hüttenzustieg auf die Orny-Hütte auf dem Programm. Dank Sesselliftunterstützung waren ca. 700 Höhenmeter zu Fuß zu bewältigen. An der Hütte angekommen, konnte der Nachmittag bei recht sonnigem Wetter zum Klettern im Klettergarten hinter der Hütte mit schönsten Blicken auf den Orny-Gletscher genutzt werden.

Am nächsten Tag war das Wetter sehr schlecht. Schon in den frühen Morgenstunden prasselten Wind und Regen unaufhörlich gegen die Fenster, sodass sich die Gruppenleitung entschied, den Aufbruch auf 8 Uhr zu verschieben. Leider besserte sich das Wetter auch danach nicht. Die Orny-Hütte liegt bereits auf 2825 Metern Höhe, und der Regen verwandelte sich in dieser Höhe in eine Mischung aus Eis und Schnee.

Trotz des stürmischen Schneetreibens machten wir uns auf den Weg zur nächsten Unterkunft Cabane du Trient, die auf 3169 Metern Höhe liegt. Selbst in den kurzen Momenten, in denen es nicht schneite, war die Umgebung von dichtem Nebel umhüllt – die Sichtweite war extrem gering, und man konnte kaum erkennen, wie die Umgebung aussah. Kurz vor Erreichen der Unterkunft nahm der Wind deutlich zu. Der Schnee, angetrieben vom Wind, peitschte uns wie kleine Messer ins Gesicht. Es erinnerte mich an viele Videos über Hochgebirgstouren, die ich gesehen hatte – nun durfte ich selbst ein wenig von diesen extremen Bedingungen erleben.

Unser Plan war es, zunächst die Unterkunft Cabane du Trient zu erreichen, dort eine Pause einzulegen und auf eine Wetterbesserung zu warten, bevor wir weitergingen. Eine halbe Stunde später konnte man durch das Fenster sehen, dass sich der Himmel stellenweise langsam blau färbte. In der Ferne wurden erste Gipfel sichtbar, als sich der Nebel etwas lichtete. Gegen 11 Uhr begannen wir mit den Vorbereitungen für den Aufbruch – doch das Wetter schlug uns erneut ein Schnippchen: der Nebel wurde dichter, die Temperatur sank, und wir mussten erneut im Schneetreiben losgehen.

Wir waren insgesamt 14 Personen, aufgeteilt in drei Seilschaften: zwei Fünfergruppen und eine Vierergruppe. Unser Ziel war der Gipfel der Petite Fourche. Ich (Na) war mit Erik, Uli und Stefan in einer Seilschaft. Zunächst überquerten wir ein Gletscherfeld und näherten uns von der Nordseite dem Col Blanc. Dort waren auf beiden Seiten deutlich große Spalten zu erkennen. Erik stieg als Erster hinauf, um die Route zu prüfen. Falls sie einfach genug erschien, wollten wir auf einen Sicherungsstand verzichten. Sollte sie jedoch zu schwierig sein, sollte oben gesichert werden. Letztlich wurde kein Stand eingerichtet, aber um uns den Aufstieg zu erleichtern, setzte sich Erik am Joch hin, und wir kletterten an einem Seil gesichert hinterher.

Durch den dichten Nebel konnten wir den Gipfel nicht sehen – erst wenige Meter vor uns wurden Teile des Weges erkennbar. Nur wenn ein Windstoß den Nebel kurz auflockerte, konnten wir einen Blick auf den Gipfel erhaschen. Auf dem Weg zum Gipfel überquerten wir zuerst ein Schneefeld, dann folgte ein etwa 50 Meter langes kombiniertes Schnee-Fels-Stück. Der Schwierigkeitsgrad lag etwa bei 2b, mit vielen guten Griffen, sodass der Aufstieg technisch nicht besonders schwierig war.

Nach einer kurzen Pause am Gipfel machten wir uns an den Abstieg. Um die Sicherheit zu erhöhen, richteten wir oben einen Standplatz ein. Erik stieg zuerst ab, danach folgten Stefan und ich gesichert am Seil. Der Abstieg war technisch etwas anspruchsvoller als der Aufstieg.

Für den Rückweg wählten wir nicht die Route vom Aufstieg, sondern stiegen über den südlichen Gletscher ab bis zum Col du Tour. Von dort aus kletterten wir den Nordhang hinauf. Am Col du Tour waren bereits Fixseile installiert, aber der Hang war sehr steil, das Hinaufklettern war nicht einfach und es bestand Rutschgefahr. Nach dem Aufstieg folgten wir dem Gletscher zurück zur Unterkunft.

Am frühen Morgen des dritten Tages, kurz nach dem Sonnenaufgang um 6 Uhr, starteten wir von der Trient-Hütte zu unserer Hochtour. Insgesamt waren vier Seilschaften à drei Personen unterwegs, die die Route auf den Grande Fourche über den Col Blanc in Angriff nahmen. Das Wetter war stabil angekündigt, ohne Niederschlag, mit einigen Sonnenstunden und mäßigem Wind.

Der Aufstieg führte uns über einen steilen Bergschrund, den wir seilfrei überwanden, was absolut konzentriertes Steigen erforderte. Nach der Passage folgte ein relativ flacher Zustieg über den Glacier du Tour zum Fuße des Grates. Zwei Seilschaften stiegen am Grat neben der Chandelle (Felskerze) ein, während die anderen den Einstieg über die Fenêtre du Tour wählten. Besonders beeindruckend war die schmale Schneebrücke beim Bergschrund, die den Zugang zum Fenêtre bereits sehr spannend und anspruchsvoll machte.

Die ersten Kletterpassagen gestalteten sich aufgrund von Schnee- und Eisauflagen als ziemlich schwierig. Trotz guter Planung und Teamarbeit konnten wir jedoch keinen merklichen Fortschritt im Grat erzielen. Nach gemeinsamer Absprache entschieden wir uns daher, die Tour abzubrechen.

Der Rückweg führte uns wieder über den Col Blanc, mit einem kleinen Abstecher auf die Petite Fourche, um die Tour mit einem Gipfelerfolg abzuschließen. Kurz vor dem Gipfel gab es eine kurze Kletterpassage, in der wir ein Fixseil legten, um den Aufstieg und Abstieg möglichst sicher und effizient zu gestalten. 

Als letztes Highlight der Tour erfolgte die Überwindung der Bergschrund-Passage mittels Abseilens. Dazu nutzten wir einen Standplatz, der im soliden Felsen eingebohrt zur Verfügung steht.

Am letzten Tag der Ausfahrt stand für eine Dreierseilschaft die Besteigung der Tête Blanche über den Col du Tour und den NW-Grat an. Vor einigen weiteren Seilschaften wurde der Einstieg in die Gratkletterei als erste an diesem Morgen erreicht. Dadurch ließ sich zügig am gleitenden Seil vorwärtskommen. Die beiden Schlüsselstellen (3c) wurden abgesichert und so stand die Gruppe nach weniger als zwei Stunden Kletterei auf dem Gipfel der Tête Blanche.

Nach einem langen Abstieg ging es schließlich zurück von Champex nach Karlsruhe. Ein großer Dank gilt allen Trainer*innen für die rundum tollen Touren und dem Hauptorganisator Sam für ein sehr gelungenes Hochtourenwochenende.

Bericht von Na Zhao, Jonas Nolte und Matthias Haber