Die meisten denken bei Sölden an Aprés Ski und Mountainbiken. Wir dagegen haben uns die stille Seite Söldens auf einer sechs tägigen Rundwanderung angeschaut. Der viele Schnee sollte diese alpine Mehrtagestour doch deutlich anspruchsvoller machen, als erwartet.
Schon der erste Tag war eine Challenge für die Ausdauer. In glühender Hitze ging es 1350m hoch zum Brunnenkogelhaus. Kontinuierlich und jeder in seinem Tempo kämpfte sich die 7-köpfige und recht buntgemischte Truppe auf 2737m, wo das erst kühle, wohl verdiente Radler auf uns wartete. Damit hatte dieser Tag die meisten Höhenmeter zu verzeichnen. Er wird aber nicht der anspruchsvollste bleiben. Mit den Lichtern Söldens unter uns und dem sternenklaren Himmel über uns ging es früh in die Betten...
Und noch früher wieder raus, denn ein langer und schöner Tag erwartete uns. Tag zwei bietet die längste Strecke der Wanderung und auch 1-2 Herausforderungen für so manchen Höhenangst geplagten Kopf. Wir passierten Gratwege, 2-3 Gipfel, steile Abstiege, viele Schneefelder und so manchen Fluss. Das lange Laufen wurde aber mit atemberaubenden Aussichten, schönen Wegen und einer kühlen Cola am Timmelsjoch belohnt. Dort trafen wir auf das letzte Mitglied unserer Gruppe und das Koffein ließ uns dann förmlich den Berg hinunter fliegen. So zog das letzte Drittel des Weges schnell an uns vorbei. Spät und doch früher als gedacht verteilten wir unser weniges Hab und Gut in dem sehr komfortablen Lager des Gasthofs Hochfirst. Die Knochen und Muskeln freuten sich schon auf die kurze und leichtere Etappe am nächsten Tag. Denn vom Gasthof zur Schneeberghütte war es ein sehr idyllischer, sanft ansteigender Weg über Wiesen und Weiden, ein Paradies aus Grün. Die Sonne verwöhnte uns genau so lange bis wir an der Schneeberghütte (2355m) ankamen und unser Quartier bezogen. Danach versteckte sie sich hinter grauen Regenwolken. Das Glück mit der Sonne zu Wandern sollte uns auch die nächsten Tage hold bleiben. Sie hielt die Wolken immer fern bis wir die Hütten erreichten.
Aus technischer und alpiner Sicht wurde die folgende Etappe von der Schneeberghütte zur Siegerlandhütte wohl die anspruchsvollste. Der Weg begann wunderschön, die Karlscharte (2666m) war ein Klacks und gab den Weg frei zum paradiesischen großen Timmler Schwarzsee. Hier zückte dann doch auch jede Generation die Handys und Kameras. Die Kulisse hätte aus einem Disneyfilm stammen können. Selbst ein Steinbock posierte an den Klippen für das perfekte Bild. Hinter dem See ragten stolz die schneebedeckten Berge empor. Allerdings lag der Schnee auch auf unserem Weg und vor allem an der Windachscharte (2844m). Ein 30-40 Grad steiler, schneebedeckter Hang stand eigentlich nicht auf unserer Wunschliste. Wir ließen einer anderen DAV Wandergruppe den Vortritt und schnell passierte das Unglück. Eine unsichere Dame der anderen Gruppe rutschte beim frontalen Aufstieg weg und sauste einige Meter das Schneefeld runter und bremste erst im Geröllfeld. Während wir geschockt stehen blieben zeigte unserer Wanderleiter Achim was er drauf hat. Sofort war er zu Stelle, kümmerte sich um die Erstversorgung und strahlte eine Ruhe und Sicherheit aus, die sich von ihm auf uns und auch die andere Gruppe übertrug. Zusammen mit deren Wanderleiter gab er der Gruppe wieder Struktur und sie schafften es im zweiten Anlauf über Serpentinen sicher auf die Scharte. (Glücklicherweise kam die Dame mit einem Schock und wenigen Schürfwunden davon.)
Unter der ruhigen und fokussierten Leitung von Achim überwanden auch wir das kritische Schneefeld ohne Probleme und kamen sicher an der Siegerlandhütte (2710m) an.
Tag 5 von der Siegerlandhütte zur Hildesheimer Hütte war unsere letzte alpine Etappe vor dem Abstieg. Auch dieser Tag war geprägt von schroffem Gelände, vielen und großen Schneefeldern und einigen reich angefüllten Flüssen. Wie schon die Tage zuvor zwangen uns der Schnee und die Flüsse neue Wege zu finden, da der eigentliche Wanderweg vom Schnee verdeckt wurde. Allerdings war dieses Mal die Scharte schneefrei und auch die großen Schneefelder unterhalb ließen sich dank des guten Schnees sicher überqueren. Die Hütte war schon lange in Sichtweite, nur lag dazwischen ein kleines Tal und damit einige Höhenmeter die erst überwunden werden mussten. Auf den letzten Metern spornten uns die ersten kleinen Regentropfen zu Eile an, bevor wir von der herzlichen Wärme der Hildesheimer Hütte begrüßt wurden. Am letzten Tag folgte nur noch der Abstieg und eine wunderschöne und ereignisreiche Wanderung ging zu Ende. Diese Tour hat mal wieder gezeigt wie wichtig sowohl Wissen und Erfahrung, als auch der Respekt zum Wanderleiter am Berg ist. Danke Achim für die tolle Organisation und Umsetzung!
Isabelle Rottmann