Für vier von uns begann die Sektionsfahrt 2018 aus beruflichen Gründen erst am Freitag Nachmittag. Mit dem Ergebnis, dass wir nach drei Stunden anstellen im obligatorischen Stau, Stuttgart noch gut in Erinnerung hatten. Der Rest der Fahrt lief dann besser und mit dem Versuch die Zeit im Hüttenaufstieg wieder aufzuholen, konnten sogar neue persönliche Rekorde verzeichnet werden. Vielen Dank dafür, dass der Hüttenwart Georg und Erik aufgeblieben sind und uns trotz später Stunde noch mit Getränken versorgten.
Samstag Morgen waren wir (Stefan, Georg, Jona, Ursula) mit Hosam, Jasmin und Christoph für eine Hochtour zum Schalfkogel verabredet. Der Schalfkogel ist ein Gipfel des hinteren Ramolkammes mit 3.540 m und lässt keine Wünsche eines Hochtourengehers offen. Zunächst stiegen wir über den Schwärzenkamm, Richtung Fidelitashütte, auf. Am Höhenpunkt 2.700 m querten wir über den Gletscherschliff und Restgletscher zur anderen Seite an den Fuß des Ramolkammes. Da Georg und Stefan gemeinsam die Verantwortung für die Wegfindung und Leitung der Tour übernommen hatten, konnte sich der Rest der Gruppe aufs Genießen der wilden Landschaft konzentrieren.
Der Aufstieg zum Schalfkogel hat sich im Laufe der Jahre durch den Gletscherrückgang und das Auftauen des Permafrostes verändert. Es musste eine Felsstufe überwunden werden, bei der alles in Bewegung ist. Darüber quert man über Firnfelder zum Gletscherbruch des Kleinleitenfirn. Wir hatten entschieden eine große Seilschaft zu bilden und sicherten den recht steilen Eisbruch am laufenden Seil an Eisschrauben als Fixpunkte. Damit waren wir schon angeseilt, als es bald darauf im weiten Bogen über den verschneiten Gletscher zum Schalfkogeljoch ging. Ab dort baut sich der südliche Gipfelgrat des Schalfkogels als Blockgelände auf. Hier konnten wir wieder seilfrei gehen.
Bald darauf stellten wir uns vergnügt für das gemeinsame Gipfelfoto in Position und für einen kurzen Augenblick lachte sogar die Sonne mit uns. Ein Ende der Tour war jedoch noch lange nicht in Sicht. Wir hatten uns die Überschreitung Richtung Ramolhaus vorgenommen. So ging es in nördlicher Ausrichtung den Gipfelgrat entlang zur Firmisanschneide. Kurz vor deren Gipfelaufbau stiegen wir rechts ab und in endloser Hangquerung bis kurz unter das Ramolhaus. Für den geplanten Kaffee-Kuchen-Stopp war es inzwischen zu spät. Also gleich weiter zu der neuen Piccardbrücke, die die beiden Schluchtseiten zwischen Ramolkamm und Schwärzenkamm seit 2017 verbindet. Die Jugend in unserer Gruppe konnte sich nach dem langen Tag nur noch kurz für die Hängebrückenkonstruktion begeistern, dann waren sie im Endspurt mit Ziel Abendessen in der Langtalereckhütte nicht mehr zu bremsen.
Sonntag früh lockte frischer, weiß-blauer Himmel zur nächsten Unternehmung. Zu fünft brachen wir Richtung Hohe Wilde auf. Wie am Vortag auf dem Hüttenweg zur Fidelitashütte, unserer Winterraumhütte. Von dort aus weiter nach Süden zum Gurgler Ferner. Hier galt es im flachen Aufstieg besonnen den Weg zu entscheiden, denn zahlreiche Gletscherbächlein versprachen bei Fehltritten nasse Füße. Bald hatten wir dieses Gletschersumpfgebiet passiert und zogen am Annakogel vorbei zum westlichen Gratablauf des Hochwildemassives. Für den etwas steileren Firnaufschwung legten wir die Steigeisen an und kamen so gut am Einstieg der Klettersteiganlage an. Der Gipfelaufbau der Hohen Wilde (3.461 m) ist bis zum Nordgipfel durchgängig als leichter Klettersteig ausgebaut. Der Grat zum Südgipfel ist zwar auch mit Drahtseilen versichert, jedoch an einer Stelle durch einen kleineren Felsausbruch unterbrochen, was eine ca. 3-4 m hohe Abseilstelle mit sich bringt. Bald danach war der etwas höhere Südgipfel der Hohen Wilde bzw. Cima Altissima (3.480 m) erreicht und damit die Landesgrenze nach Südtirol, Italien überschritten.
Vom endlich einheitlich blauen Himmel angetan, formierten wir uns wiederum zu einem gemeinsamen Gipfelfoto. Wir folgten in der weiteren Überschreitung einem Steig hinunter zur Stettiner Hütte. Dort trafen wir auf der provisorischen Terrasse, der alten Fundamentplatte der lawinengebeutelten Hütte, mit der Alpinwandergruppe rund um Erik Müller zusammen. Das wohlverdiente Kaffeetrinken fand in geselliger Runde statt. Wir alle hatten den Montag noch an die Sektionsfahrt angehängt. Die Verpflegung und Unterbringung war angesichts der Notlösungen, um den Hüttenbetrieb aufrecht zu erhalten, weit mehr als gut. Neben Anderem zum Frühstück frischgebackenes Brot und selbstgemachte Marmelade. Dolce Vita.
Bei schönstem Sommerwetter machten wir uns am Montagmorgen auf zum Langtalerjoch (3031 m), Genusswandern war angesagt. Auf einem wunderschönen Schäferpfad schlängelte sich unser Weg den Hang hinauf zum Joch. Dort angekommen war es dann vorbei mit lieblichem Gelände. Das Joch fällt in einer glatten Felswand ins Ötztal ab. Noch vor wenigen Jahren ein Grund abzuseilen. Inzwischen wurden ein Drahtseil und Baustahlkrampen installiert. Trotzdem ist Vorsicht angebracht, denn durch das Abschmelzen des Firnfeldes zum Langtaler Ferner entstand eine Lücke, die mit einem provisorischen Fixseil geschlossen wurde. Wir seilten an diesem ab und stiegen über das noch angefrorene Firnfeld auf den Langtaler Ferner ab. Nun ging es recht eben das Langtal hinaus. Zunächst auf aperem Gletschereis, das irgendwann in eine Moränenlandschaft übergeht, um sich dann langsam aber sicher in ein freundliches, grünes Wiesental zu verwandeln. Dieser Wandel vollzieht sich langsam, es heißt nicht ohne Grund Langtal.
Doch irgendwann endete auch diese Touretappe und zufrieden ließen wir bei der Schlusseinkehr auf der Langtalereckhütte unsere schönen, gelungenen Tourentage noch mal auf uns wirken. Endlich klappte es für mich mit einem Apfelstrudel inclusive gleißend weißer Firnflanke aus Sahne.
Um diese Herausforderung zu verdauen machten wir unseren Talabstieg nach Obergurgl über den Zirbelwald.
Herzlichen Dank an Stefan und Georg für die gelassene und umsichtige Führung und auch an unsere jüngeren Teilnehmer, die ausdauernd, gerne und oft das Seil getragen haben :-)
Ursula