Mist, der Bus ist gerade los! So standen wir - Mostafa, Gundula, Yan, Johannes, Anton und Andreas - etwas ratlos in Lech an der Haltestelle.
Zeitig um 6:15 waren wir freitags in Karlsruhe gestartet und, mit leichtem Verhauer, um halb Zwölf in Lech am Arlberg gelandet. Dort sollten wir mit dem Bus in halbstündiger Fahrt an den Spullersee gelangen. Von da aus zu Fuß zur Ravensburger Hütte. Wer konnte ahnen, dass wir genau die dreistündige "Mittagspause" erwischen, in der kein Bus fährt!
Und nun? Guter Rat ist teuer. Mit vollem Kletter- und Hüttengepäck die 12km zum Spullersee zu Fuß zurücklegen? Wahrscheinlich wären wir erst nach dem nächsten Bus angekommen, also entschieden wir uns für die entspanntere Variante - im Café auf der sonnigen Terrasse, mit Kaffee und sehr leckerem Kuchen. Wobei wir lernten, dass nicht nur guter Rat, sondern auch Kaffee und Kuchen teuer sein können. Gegen 15:00 waren wir dann endlich am Spullersee und stiegen Richtung Hütte auf. Obwohl dieser zum Stausee ausgebaut wurde, fügt er sich auf 1826m doch recht harmonisch in die Landschaft ein.
Und was für ein Grün überall! Der viele Regen in diesem Jahr muss eine Wohltat für die Natur gewesen sein. Nach halbstündigem Marsch erreichten wir auf
halber Strecke unser Zwischenziel, die Spullerplatten. Ein schön angelegter Klettergarten mit Touren überwiegend vom III. bis zum VI. Grad. So konnten wir uns schon mal an den dortigen Kalk gewöhnen, bevor wir dann doch mit etwas Eile zur Ravensburger Hütte aufstiegen. Auf 1948m gelegen ist sie auf jeden Fall eine Empfehlung, mit gutem Abendessen und freundlichem Personal.Für Samstag stand die Roggalspitze Nordkante auf dem Programm. Die Beschreibung im Führer las sich schon mal vielversprechend: "Sehr elegante Wand- und Plattenkletterei in bestem Fels." Obwohl im III. bis IV. Grad bewertet, mit einer kurzen 5er Stelle, doch auch kein Spaziergang. Denn 9 Seillängen brauchen ihre Zeit, und für späten Nachmittag war eine leichte Regenwahrscheinlichkeit angesagt. Nach einiger Überlegung am Abend entschieden sich Mostafa, Gundula und Andreas, die Nordkante anzugehen, während Yan, Johannes und Anton sich noch mal an den Spullerplatten austoben wollten.
So startete der Tag für die "Nordkantler" früh, der Hüttenwirt machte uns sogar ein vorgezogenes Frühstück um 6:00 Uhr. Gegen 9 waren wir dann als zweite Seilschaft am Einstieg. Klarer Himmel, und doch zu Beginn empfindlich kühl. Das gute Wetter hatte noch mehr Leute gelockt, und als Dreierseilschaft waren wir nicht unbedingt sehr schnell, so dass einige zum Überholen ansetzten. Beinahe wurde Mostafa der Standplatz vor der Nase weggeschnappt, als eine Einheimische sich vordrängte, die "am Nachmittag noch zur Arbeit" musste. Aus anderer Quelle stellte sich die "Arbeit" dann als Yogatermin raus.
Nach 4 Seillängen abwechslungsreicher Kletterei kam die Schlüsselstelle. Im verschiedenen Topos zwischen IV+ und V bepreist, stellte sich diese eher als ein 6er heraus, abdrängend und poliert, aber immerhin mit einem Bohrhaken abgesichert und der ganze Spuk war auch nach 2 Metern vorbei. Kurz danach noch ein leichter Überhang, mit interessanten III+ bewertet. Die 6. Seillänge führt über einen eindrucksvollen, ausgesetzten Grat, bevor es zu den beiden schönsten Seillängen der Tour geht. Herrliche Kletterei im IV. bis V. Grat, direkt an der Kante. Leider erreichten uns nun graue Wolken und leichter Regen! Mit mulmigem Gefühl stieg Mostafa in die 7. Länge ein, doch das Wetter war uns gnädig. Der Niesel hörte auf, und so erreichten wir nach einer weiteren langen Seillänge den Vorgipfel. Noch ein kurzes Stück unschwer und mit toller Aussicht zum Gipfel. Lange wollten wir uns nicht aufhalten und begannen den Abstieg. Was mit einem steilen Steig begann, entwickelte sich bald zu einer lästigen Hatscherei über steilen, unangenehm rutschigen Schotter. Zwar überwiegend mit Drahtseilen gesichert, mussten wir uns doch eine gute halbe Stunde an diesen entlanghangeln, bis der einzige unschöne Teil der Tour hinter uns lag.
Der Rest des Weges zur Hütte war Formsache, übrigens das erste mal dass wir auf einer Bergwiese von Fröschen begleitet wurden! Nach einem leckeren Abendessen, Fotos Anschauen und zufriedenem Erzählen, lagen wir recht bald müde in unseren Schlafsäcken.
Sonntags ging es dann noch mal gemeinsam an die Spullerplatten. Während Yan, Anton und Johannes schon am Samstag ausgiebig die Routen dort erkundet hatten, konnten wir uns nun alle gemeinsam dort austoben. Die Spullerplatten haben schöne, gut gesicherte Plattenkletterei zu bieten, wobei die Erosionsrinnen im linken Bereich doch recht ungewohnt sind und beherztes Klettern erfordern. Man könnte es am ehesten mit Klettern an einer überdimensionalen Käsereibe vergleichen, dementsprechend sollte ein Vorstieg mit Bedacht erfolgen.
Den ersten Teil des Rückwegs nach Lech erledigten wir nun zu Fuß, am Spullersee vorbei talabwärts zur Alpe Dalaaser Stafel. Urig, gemütlich, mit gutem Kuchen lädt diese Alm zum Verweilen ein. Auch der Käse aus eigener Herstellung ist sehr zu empfehlen!
Mit dem Bus zügig zurück ins Tal, unseren Stadtmobil-Kleinbus bestiegen, machten wir uns nun auf die Odyssee zurück nach Karlsruhe. Denn offenbar waren wir nicht die einzigen, die das schöne Wetter genutzt hatten. Und so bewegten wir uns von einem Stau zum Nächsten, um müde, aber zufrieden wieder in Karlsruhe anzukommen. Einen herzlichen Dank an dieser Stellen an Mostafa und Gundula fürs Fahren und ein Lob an Mostafa für die gute Organisation dieser tollen Ausfahrt!